Marco Koning ist operativer Geschäftsführer von StoryConnect und als solcher an der Entwicklung von Anwendungen beteiligt, bei denen das „Lernen und Verbessern mit Erfahrungen“ im Mittelpunkt steht. Auf dieser Grundlage entwickelte Arno Korpershoek gemeinsam mit StoryConnect Agile Sensing. Marco berichtet über seinen Weg als in der Praxis arbeitender Wissenschaftler und das „Arbeiten mit Erfahrungen“ als Grundlage von Agile Sensing.
Nach seinem Studium der Sozial- und Unternehmenspsychologie arbeitete Marco Koning 7 Jahre als militärischer Flugpsychologe bei der niederländischen Luftwaffe (Koninklijke Luchtmacht – KLu). In den Niederlanden und in auswärtigen Operationsgebieten unterstützte er militärische Operationen und führte Debriefings bei niederländischen Armeeangehörigen durch. Zusätzlich führte er viele qualitative und quantitative (Erlebnis-)Untersuchungen durch. Danach folgten 7 Jahre Arbeit auf Schiphol, bei der niederländischen Militärpolizei (Koninklijke Marechaussee – KMar), für das Kompetenzzentrum Identitätsbetrug und Dokumente sowie als Projektleiter eines komplexen Veränderungsprojekts auf dem Gebiet automatischer Grenzpassagesysteme.
Sie ist eigentlich aus den Frustrationen entstanden, die ich bei meiner Arbeit erfuhr. Ich glaube, das kennt jeder Wissenschaftler. In unserem Studium werden wir umfassend ausgebildet, insbesondere im Studiengang Psychologie wird großer Wert auf die Methoden und Techniken der Untersuchung und der Statistik gelegt. Für mich waren das meine Lieblingsfächer. Als in der Praxis tätiger Wissenschaftler entdeckte ich aber schnell die Grenzen, die sich bei der Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen ergeben. Wenn ich eine quantitative Untersuchung durchführte, wurde ich oft gefragt, welche Geschichte denn hinter den Zahlen liegt. Und wenn ich eine qualitative Untersuchung machte, wurde ich gefragt, ob sich das nicht in Zahlen umsetzen ließe. Was ich vermisste, war eine intelligente Kombination aus beidem.
Als Wissenschaftler bin ich oft mit komplexen Fragestellungen konfrontiert worden, an die ich mich von dem aus heran arbeiten musste, was ich über die Fragestellung und aus der Theorie wusste. Ich habe dann Fragen gestellt, um zu prüfen, ob meine Hypothesen stimmten. Die Leute gaben mir auch Antwort zu den Punkten, die ich als Wissenschaftler wissen wollte. Wobei sich mir aber immer die Frage stellte, welchen Teil der Wirklichkeit ich nun gerade abgebildet hatte. Mir ist aufgefallen, dass man mit den durchgeführten Untersuchungen nur wenig anfangen konnte.
Diese Frustrationen sorgten dafür, dass ich mich nach meiner Zeit beim Militär auf die Suche nach etwas anderem machte. Einmal musste ich für einen Auftraggeber einige Innovationsvorschläge lesen, und einer davon handelte vom Arbeiten mit Erfahrungen und von der Nutzung des Wissens von Patienten als Mit-Forscher. Ich fand das sehr anregend, sodass ich den Verfasser angerufen habe. Danach ist dann eins zum anderen gekommen.
Was ist anders als bei einem Standard-Befragungsprozess?
Dazu komme ich gerne auf meine Frustrationen zurück:
– Ich vermisste eine intelligente Kombination von qualitativer und quantitativer Untersuchung: Das Arbeiten mit Erfahrungen bedeutet, dass man qualitative Informationen (die Erfahrung) und quantitative Daten (Fragen zu der Erfahrung, zum Kontext und zum Erzähler) gleichzeitig darstellen muss. Das habe ich als großen Vorteil gesehen.
– Nicht der Wissenschaftler steht im Mittelpunkt, sondern der Erzähler und was man damit anfangen kann: Beim Arbeiten mit Erfahrungen erzählen die Leute einem das, was sie erzählen wollen. Und das ist alles darauf gerichtet, was sie erfahren, sodass man seine Einsicht verbreitern und Verbesserungsmaßnahmen entwickeln kann. Dadurch ist das Arbeiten mit Erfahrungen eher eine besondere Vorgehensweise bei Veränderungen als eine Form der Untersuchung.
Außerdem ist der Hinweis wichtig, dass wir auf partizipative Weise arbeiten. Das bedeutet, dass wir gemeinsam mit dem Kunden das Projekt entwickeln, wie man vom Sammeln von Erfahrungen zu einer Veränderung gelangt. Auch die Fragen, die über eine Erfahrung gestellt werden sollen, entwickeln wir gemeinsam, wofür der Fokus des Projekts, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die reale Lebenswelt drei Zutaten bilden.
Bei den Wohnviertelteams in der Stadt Enschede durchlaufen wir z. B. gemeinsam diesen Prozess. Sie fühlen sich als Eigentümer der Erzählpunkte (damit können sie über das Internet und per Laptop, Tablet oder Smartphone Erfahrungen teilen und Fragen zu Erfahrungen beantworten). Wir bringen ihnen bei, wie sie selbst Arbeitssitzungen mit Kunden und Kollegen abhalten können, um Erkenntnisse aus den gesammelten Informationen abzuleiten und Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln. Kurz gesagt, unterstützen wir die Transformation, bringen dem Kunden aber auch bei, sie selbst zu unterstützen.
Ja, natürlich eine große. Denn Sie haben es ja immer mit Änderungen des Verhaltens zu tun; als Unternehmen, als Gruppe von Mitarbeitern und als einzelnes Individuum. Menschen, Gruppen und Unternehmen neigen aber dazu, das weiter zu machen, was sie schon lange Zeit tun. Es ist dann viel psychologisches Wissen notwendig, um solche Veränderungen sanft zu begleiten und kleine Anstöße zu geben. Sie müssen daher wissen, wie Sie das positiv beeinflussen können. Wenn Sie mit Erfahrungen arbeiten, kommt Ihnen die Lebenswelt anderer Personen sehr nahe: So erlebe ich es, und so geht es mir dabei. Das macht die Dinge für Menschen sehr konkret, sodass sie selbst darüber nachdenken, wie es anders gehen könnte. Und das setzt enorm viel positive Energie frei.
Das Schöne an Agile Sensing ist, dass Sie ständig die informelle Unterströmung auf der Arbeitsebene eines Unternehmens erfahren und beobachten können. Bei einer Änderung der Organisation ist es wichtig, dass Sie viele kleine Schritte machen und sich dabei ständig mit den Personen um Sie herum abstimmen. Indem Sie zuhören, wie sie das erfahren. Diese Erfahrungen sammeln wir kontinuierlich mit Hilfe von Agile Sensing. Sie erfassen damit nicht nur die Arbeitswelt Ihrer Mitarbeiter, sondern ihren Erlebnishorizont als Ganzes. Wer auf diese Weise mit Erzählungen und Agile Sensing richtig arbeiten kann, erhöht die Chancen auf den „Erfolg“ einer Veränderung. Ein wichtiger Nebeneffekt besteht darin, dass Sie auf diese Weise die Geschwindigkeit der Veränderung an die Veränderungsfähigkeit des Unternehmens anpassen. So realisieren wir eine natürliche, nicht-disruptive Veränderung.